In der gemeinsamen Stellungnahme von Die Linken, Piraten und Bündnis 90/Die Grünen zum geplanten Gewerbegebiet „Große Feld“ erklärt Dr. Esther Kanschat, Fraktionsvorsitzende und Bürgermeisterkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen:
Wir schreiben das Jahr 2019, der Klimawandel und die Maßnahmen zur Anpassung daran sind für die meisten Menschen das wichtigste Problem, das es kurz-, mittel- und langfristig zu lösen gilt. Landauf, landab werden wichtige Instrumentarien und Entscheidungsgrundlagen zum Klimaschutz bei der Bebauungsplanung berücksichtigt.
In Velbert allerdings werden diese wichtigen Zukunftsthemen nicht ernst genommen. Sonst würde eine Bebauung wie das „Große Feld“ nicht ernsthaft in Erwägung gezogen. Diese Planung ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll, da bedeutende klimarelevante, nachhaltige Aspekte sträflich vernachlässigt werden:
Stichwort Flächenfraß: Die 25,5 ha große landwirtschaftliche Fläche mit bestem Mutterboden muss kostenintensiv abgetragen werden, um diese hochwertige Erde für den Lebensmittelanbau an anderer Stelle wieder aufzuschütten, wobei die dabei wichtige Bodenschichtung verloren geht. Aufgrund der Topographie und des Untergrundes am „Große Feld“ kann aber nur eine Gewerbefläche von weniger als 18 ha geschaffen werden. Das ist eine unverantwortliche Vergeudung von Landfläche, ein bedenklicher und sinnloser Flächenfraß angesichts des Verlusts von bundesweit bereits einem Drittel nicht mehr fruchtbaren Ackerlands.
Stichwort Klimaanpassung: Die großflächige Versiegelung von Freiflächen verändert das Mikroklima, wie man im Kleinen selbst zum Beispiel am Moltkeplatz in der Nordstadt spüren kann: Bot dieser Platz früher mit seinem üppigen Baumbestand eine kleine Oase der Erholung, ist es nun im Sommer eine heiße Betonwüste, die Wärme speichert, abstrahlt und so die Lebensqualität in der Umgebung verschlechtert. Bei dem Baugebiet „Große Feld“ wird zudem nicht nur eine Fläche versiegelt, sondern eine, von der Stadt in einem älteren Gutachten selbst als wichtige Kaltluftschneise erwähnte Freifläche, zugebaut mit negativen Auswirkungen auf das innerstädtische Klima.
Fachgutachten sind bei der Verkehrsplanung, bei Immissionen oder beim Baugrund selbstverständlich, aber Stadt- und Umweltplanung unter Klimagesichtspunkten bedarf dieser nicht – hier reicht die Meinung der Verwaltung. Diese orientiert sich leider nicht am Stand des Wissens: Weder werden die Aussagen des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW adäquat berücksichtigt, noch ein eigenes Gutachten der Stadt herangezogen, um die Lebensqualität der Velberter Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu erhalten.
Stichpunkt Energiewende: Wenn schon diese Fläche bebaut werden soll, warum werden nicht wenigstens innovative Techniken für den Klimaschutz verbindlich vorgeschrieben? Velbert steht bei der Nutzung regenerativer Energien im Stadtgebiet noch ganz am Anfang. Und will anscheinend unbedingt Schlusslicht bleiben unter den Kommunen bundesweit. Keine Festsetzung von PV-Anlagen auf den Dächern der geplanten Gewerbebebauung und keine Aussagen zur Auswirkung der Bebauung auf die Treibhausgasbilanz der Stadt, keinerlei Anreize zu klimafreundlichem Verhalten.
Insgesamt scheint es andere – wichtigere – Interessen zu geben, die Bebauung des „Große Feld“ unbedingt vollziehen zu wollen, ungeachtet der gravierenden Auswirkungen auf die Umwelt – jetzt und in Zukunft. Wie eingangs erwähnt, ist obendrein auch der ansonsten stets genannte ökonomische Aspekt hier nicht gegeben, denn die Erschließung dieses Areals wird der Stadt einen geschätzten höheren siebenstelligen Verlust bescheren. Dem folgen Kosten für die Infrastruktur und die Entwässerung, welche die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Grundgebühren anschließend jedes Jahr werden zahlen müssen.
Die an dem Entschluss beteiligten Parteien zeigen wenig Neigung dazuzulernen, egal, wie schlüssig neue Erkenntnisse auch sein mögen. Die Ratssondersitzung am 17.09.2019 zum Klimaschutz die diese selbst gefordert haben, scheint damit eher eine Alibi-Sitzung gewesen zu sein, denn ein „Signal zum Aufbruch.“
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