Am 29. Juli ist das Maß voll

Wir leben auf Pump und auf Kosten unserer Kinder!

29. Juli 2021. An diesem Tag ist „Erdüberlastungstag“. Es ist der Tag, an dem alle Ressourcen, die die Erde in einem Jahr zur Verfügung stellt, durch unsere Wirtschaft, unsere Kriege und unser Freizeitverhalten aufgebraucht sind.

Er findet 2021 fast einen Monat früher statt als 2020, als wegen das gesamte Leben deutlich heruntergefahren worden war. Wir liegen also wieder „voll im Trend“.

Nicht zu diesem Anlass, aber fasst gleichzeitig erscheint in einer englischsprachigen wissenschaftlichen Fachzeitschrift ein Artikel mit dem Titel (übersetzt) „Weltweite Warnung der Wissenschaftler vor einem Klimanotstand 2021“.

Aus diesem Artikel werden im Folgenden einige Inhalte wiedergegeben:

Im Jahr 2019 riefen mehr als 11 000 Wissenschaftlern aus 153 Ländern den Klimanotstand aus. Ich bin einer dieser Wissenschaftler. Wir verwiesen auf die beunruhigenden Trends und geringen Fortschritte der Menschheit bei der Bekämpfung des Klimawandels. Auf der Grundlage dieser Daten und der moralischen Verpflichtung der Wissenschaftler, „die Menschheit eindeutig vor einer katastrophalen Bedrohung zu warnen“, forderten wir einen grundlegenden Wandel. Seit der damaligen Veröffentlichung des Artikels haben mehr als 2.800 weitere Wissenschaftler die Erklärung zum Klimanotstand unterzeichnet. Darüber hinaus haben inzwischen 1.990 Parlamente und andere politische Gremien in 34 Ländern den Klimanotstand formell erklärt oder anerkannt. Gleichzeitig ist es seit 2019 zu einem beispiellosen Anstieg klimabedingter Katastrophen gekommen, darunter verheerende Überschwemmungen in Südamerika und Südostasien, rekordverdächtige Hitzewellen und Waldbrände in Australien und im Westen der USA, eine außergewöhnliche atlantische Hurrikansaison und verheerende Wirbelstürme in Afrika, Südasien und im Westpazifik. Auch in Deutschland sind die Dürren der letzten Jahre sowie das extreme Hochwasser, das auch für Teile des Velberter Stadtgebiets katastrophal war, Zeichen dieser Entwicklung.

Es gibt immer mehr Beweise dafür, dass sich wichtige Teile des globalen Ökosystems wir uns sogenannten „Kipppunkten“ nähern oder diese bereits überschritten haben. Dies sind z. B. der westantarktische und der grönländische Eisschild, die Warmwasserkorallenriffen und der Amazonas-Regenwald. Angesichts dieser alarmierenden Entwicklungen brauchen wir kurze, häufige und leicht zugängliche Updates zum Klimanotstand.

In dem wissenschaftlichen Artikel „Weltweite Warnung der Wissenschaftler vor einem Klimanotstand 2021“ (im Original: World Scientists’ Warning of a Climate Emergency 2021), werden die jüngsten Veränderungen der planetarischen Lebenszeichen seit der letzten Veröffentlichung beschrieben. Von 31 wichtige Faktren haben mehr als die Hälfte neue Rekordtiefs oder -hochs erreicht:

Nahrung

Zum ersten Mal ist die Zahl der Wiederkäuer weltweit auf über 4 Milliarden angestiegen, was weit mehr Masse darstellt als alle Menschen und wilden Säugetiere zusammen.

Amazonaswald

Der jährliche Waldverlust im brasilianischen Amazonasgebiet nahm 2019 und 2020 zu und erreichte mit 1,11 Millionen zerstörten Hektar ein 12-Jahres-Hoch. Dies hat mittlerweile dazu geführt, dass diese Region mehr CO2 freisetzt als sie speichert.

Klimawirtschaft

Das globale Bruttoinlandsprodukt ist als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 um 3,6 % gesunken, wird aber jetzt trotzdem auf einem historischen Höchststand liegen. Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen hat stark zugenommen; er stieg zwischen 2018 und 2020 um 6,5 Billionen US-Dollar, während gleichzeitig die Subventionen für fossile Brennstoffe auf ein Rekordtief von 181 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 zurückgingen – ein Rückgang um 42 % gegenüber 2019. China baut immer noch  viele Kohlekraftwerke und ist jetzt für mehr Emissionen verantwortlich als die gesamte entwickelte Welt.

Energienutzung

Wahrscheinlich aufgrund der COVID-19-Pandemie ist der Verbrauch fossiler Brennstoffe seit 2019 zurückgegangen, ebenso wie die Kohlendioxidemissionen, die Pro-Kopf-Emissionen von Kohlendioxid und der Luftverkehr. Diese Rückgänge scheinen jedoch nur vorübergehend zu sein, da die Schätzungen für 2021 zeigen, dass alle diese Werte wieder deutlich ansteigen. Umgekehrt stieg der Verbrauch von Solar- und Windenergie zwischen 2018 und 2021 um 57 %, ist aber immer noch etwa 19 Mal niedriger als der Verbrauch fossiler Brennstoffe. Die Zahl der Flugpassagiere ging aufgrund von COVID-19 im Jahr 2020 um beachtliche 59 % zurück, aber mehr als ein Drittel dieses Verlustes wird voraussichtlich im Jahr 2021 wieder aufgeholt werden.

Treibhausgase und Temperatur 

Drei wichtige Treibhausgase, Kohlendioxid, Methan und Distickstoffoxid, erreichten sowohl 2020 als auch 2021 neue Jahresrekorde bei den atmosphärischen Konzentrationen. Im April 2021 erreichte die Kohlendioxidkonzentration 416 Teile pro Million, die höchste jemals aufgezeichnete monatliche globale Durchschnittskonzentration. Das Jahr 2020 war das zweitwärmste Jahr in den Aufzeichnungen, und alle fünf wärmsten Jahre in den Aufzeichnungen sind seit 2015 aufgetreten.

Schmelzendes Eis

Im Jahr 2020 war die minimale sommerliche Meereisausdehnung in der Arktis die zweitkleinste seit Beginn der Aufzeichnungen, und auch die Gletscherdicke erreichte ein neues Allzeittief. Die Gletscher schmelzen viel schneller als bisher angenommen.

Veränderungen im Ozean

Sowohl der Wärmeinhalt des Ozeans als auch der Meeresspiegel haben neue Rekorde erreicht. Der durchschnittliche pH-Wert des Ozeans erreichte den zweitniedrigsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen, knapp hinter 2012. Dies ist besorgniserregend, da die Widerstandsfähigkeit der Korallen gegenüber der Versauerung der Ozeane wahrscheinlich durch den thermischen Stress verringert wird und mehr als 500 Millionen Menschen für ihre Ernährung, ihren Tourismus oder zum Schutz vor tropischen Sturmfluten von den Korallenriffen abhängig sind.

Fazit

Auf der Grundlage der jüngsten Trends bei den planetarischen Lebenszeichen bekräftigen die Wissenschaftler*innen die Erklärung zum Klimanotstand und rufen erneut zu einem transformativen Wandel auf, der jetzt mehr denn je erforderlich ist, um das Leben auf der Erde zu schützen und so viele planetarische Grenzen wie möglich einzuhalten. Die Geschwindigkeit des Wandels ist entscheidend, und neue klimapolitische Maßnahmen sollten Teil der COVID-19-Wiederaufbaupläne sein. Wir müssen uns jetzt als globale Gemeinschaft mit einem gemeinsamen Sinn für Dringlichkeit, Zusammenarbeit und Gerechtigkeit zusammenschließen.

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