Wenige Themen bieten so viel Raum für Kontroversen, wie Politik und Religion. Wenn dann aber auch noch beides zusammenfällt, wird es oft besonders kritisch. Daher halten sich die Kirchen mit politischen Stellungnahmen weitgehend zurück. Umso bemerkenswerter ist daher die einstimmige Erklärung der 59 deutschen Bischöfe zur klaren Ablehnung der rechtsextremen Entwicklungen in Europa und insbesondere in Deutschland. Völkischer Nationalismus sei mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) nimmt dabei klar die AfD ins Visier und appelliert an die Bevölkerung.
Im einstimmigen Beschluss der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 22. Februar 2024 heißt es:
In diesem radikalisierten Denken wird die gleiche Würde aller Menschen entweder geleugnet oder relativiert und somit zu einem für das politische Handeln irrelevanten Konzept erklärt. Für die Kirche aber ist klar: Jeder Mensch besitzt eine unantastbare und unverfügbare Würde. […] So ist die Menschenwürde der Ausgangs- und Zielpunkt des christlichen Menschenbildes.
Klare Kante zeigt sich vor allem gegenüber der AfD:
Nach mehreren Radikalisierungsschüben dominiert inzwischen vor allem in der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) eine völkisch-nationalistische Gesinnung. Die AfD changiert zwischen einem echten Rechtsextremismus, den der Verfassungsschutz einigen Landesverbänden und der Jugendorganisation der Partei attestiert, und einem Rechtspopulismus, der weniger radikal und grundsätzlich daherkommt. […] In beiden Fällen wird stereotypen Ressentiments freie Bahn verschafft: gegen Geflüchtete und Migranten, gegen Muslime, gegen die vermeintliche Verschwörung der sogenannten globalen Eliten, immer stärker auch wieder gegen Jüdinnen und Juden.
Daraus folgt:
Wir sagen mit aller Klarheit: Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar. Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar. Die Verbreitung rechtsextremer Parolen – dazu gehören insbesondere Rassismus und Antisemitismus – ist überdies mit einem haupt- oder ehrenamtlichen Dienst in der Kirche unvereinbar. Wir appellieren an unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, auch an jene, die unseren Glauben nicht teilen, die politischen Angebote von Rechtsaußen abzulehnen und zurückzuweisen.
Der Appell folgt am Ende:
Die Menschenwürde ist der Glutkern des christlichen Menschenbildes und der Anker unserer Verfassungsordnung. Leisten wir alle Widerstand, wenn Menschenwürde und Menschenrechte in Gefahr geraten! Engagieren wir uns gemeinsam aktiv für die freiheitliche Demokratie!
Evangelische Kirche schließt sich den katholischen Bischöfen an:
Auch die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, schließt sich der Warnung der katholischen Bischöfe an, die AfD zu wählen. In diesen Zeiten, in denen Rechtsextremisten die „Grundwerte unseres Zusammenlebens“ infrage stellten, sei eine klare und gemeinsame Haltung der Kirchen wichtig, erklärte Fehrs.
Völkisch-nationale Gesinnungen sowie menschenverachtende Haltungen und Äußerungen seien mit den Grundsätzen des christlichen Glaubens in keiner Weise vereinbar, betonte die Hamburger Bischöfin. „Wir ziehen daraus die gemeinsame Konsequenz, vor der Wahl rechtsextremer Parteien einschließlich der AfD zu warnen, weil sie Minderheiten ausgrenzen und die Demokratie gefährden“.
Fehrs verwies auf einen Beschluss der EKD-Synode von Anfang Dezember. Darin hatte die Synode dazu aufgerufen, „ausschließlich Parteien aus dem demokratischen Spektrum zu wählen, die sich für eine offene Gesellschaft der Vielfalt und ein gerechtes, demokratisches Gemeinwesen einsetzen“.
Ohne Frage:
Man kann zur Institution Kirche völlig unterschiedlicher Meinung sein. Dennoch spielen Glauben, Spiritualität und christliche Werte im Leben vieler Menschen eine wichtige Rolle. Daher ist das unmissverständliche Statement beider Konfessionen eine klare Ansage.
Hier die gesamte Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz vom 22. Februar 2024
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