Fake News zum Thema „Luftverschmutzung“ — entlarvt!

Hammer

Gezielte Ablenkung durch fake news?

Vor drei Wochen kommentierten wir hier (http://www.gruene-velbert.de/2019/01/27/fake-news-zum-thema-luftverschmutzung/) auf unserer Website den unglaublichen Wirbel, den ein Brief von ein paar Ärzten, angeführt von einem gewissen Prof. Köhler, in Sachen „Dieselskandal“ auslöste (allen voran natürlich die Blätter des Hauses Springer, aber auch ).

Die Wellen schlugen hoch und es konnte wunderbar von den eigentlichen Problemen, den Betrügereien der Auto-Industrie und der Untätigkeiten der diversen Bundesregierungen (und insbesondere der CSU-Verkehrsminister) abgelenkt werden. Außerdem bekam der Wunsch der umwelt- und gesundheitskritischen GroKo Rückenwind, durch formale Tricksereien auf EU-Ebene die gefürchteten Fahrverbote verhindern zu können.

Zumindest Letzteres scheint erfolgreich gewesen zu sein. So berichtete gestern (13.2.2019) Die Zeit unter der Überschrift „Pläne gegen Dieselfahrverbote kommen voran“: „Deutschland will Dieselfahrverbote bei einer Stickoxidbelastung von unter 50 Mikrogramm für unverhältnismäßig erklären. Die EU-Kommission wird das wohl akzeptieren.“ (https://www.zeit.de/mobilitaet/2019-02/fahrverbote-diesel-gesetzesentwurf-eu-kommission-stickoxide-luftverschmutzung)

Und jetzt wird es interessant: Denn kaum ist diese Scheinlösung weitgehend „eingetütet“ wird durch die Tageszeitung „taz“ aufgedeckt, dass zumindest einige der Zahlen, auf denen der vor einem Monat als großer „Fachmann“ präsentierte Arzt Prof. Köhler seine „Argumente“ aufgebaut hatte, falsch gewesen sind (siehe z.B. hier: https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2019-02/grenzwerte-debatte-stickoxid-dieter-koehler-fehler-fahrverbote).

Wer jetzt denkt, dass das doch eine wichtige Information ist, die gerade die Medien, die damals den ganzen Hype mitgemacht haben, verbreiten müssen (wie Bild-Zeitung oder ARD), ist leider naiv. Denn eine google-Suche mit einer zeitlichen Einschränkung auf die letzte Woche zeigt bei BILD noch bei ARD … NICHTS!

Das zeigt uns dreierlei:
Erstens hat die in unserem vorigen Beitrag zum Thema beschriebene Methode „Zweifel an der Wissenschaft säen“ offenbar nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland Erfolg.
Zweitens geht es offenbar auch Medien, die eigene „Fakten-Checker“ beschäftigen, um „fake news“ aufzudecken, zumindest nicht immer um die Wahrheit, sondern um Auflagen und Quoten (oder um die Verhinderung von Fahrverboten?).
Drittens und das ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis, ist „die Wissenschaft“ eben nicht so schlecht, wie manche selbst-ernannten „Experten“ gerne verbreiten.

Denn „die Wissenschaft“ hat wirklich echte „Fakten-Checker“. Die vielen tausend wissenschaftlichen Arbeiten, die die geltenden Grenzwerte untermauern, mussten VOR ihrer Veröffentlichung einen strengen Prüf-Prozess durchlaufen. Dieser nennt sich „peer review“ und bedeutet, dass jede Arbeit, die in einer ernsthaften wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht werden soll, von mehreren Fachkollegen (englisch „peers“) auf Herz und Nieren geprüft werden. Nur wenn diese Prüfer die Arbeit akzeptieren, wird sie auch veröffentlicht. Rechenfehler, wie sie dem Arzt Prof. Köhler unterlaufen sind, wären also höchstwahrscheinlich bei einer solchen Prüfung durch echte Experten aufgefallen. Natürlich sind auch peer reviews nie fehlerfrei, schließlich sind wir alle Menschen.

Muss man Prof. Köhler also Vorwürfe machen? Zu seiner Verteidigung erklärt er laut obigem Zeit-Artikel, dass er den EU-Grenzwert für Teer in Zigaretten nicht kannte. Wenn ein „Experte“ aber einen Vergleich zwischen Dieselabgasen und Zigarettenrauch für seine Argumentation heranzieht, muss man von ihm erwarten können, dass er die auf seinem Gebiet geltenden Gesetze kennt.  Wenn Köhler dann noch erklärt, er sehe seine Fehler jedoch nicht als großes Problem, denn die Größenordnung stimme, ist das skandalös.

Folgender Fehler zeigt, wie groß der Unterschied ist: Köhler hatte behauptet, wer an einer viel befahrenen Straße wohnt und 80 Jahre alt wird, atme während seines Lebens nur so viel Stickoxide ein wie jemand, der einige Monate eine Packung Zigaretten am Tag raucht.  Laut taz ist die Belastung aber eigentlich so hoch wie bei jemandem, der sechs bis 32 Jahre lang diese Menge raucht – je nach angenommenem Anteil von Stickstoffdioxid am Stickoxid. Kann man bei einem Unterschied zwischen „einige Monate“ und „sechs bis 32 Jahre“ wirklich noch von gleicher Größenordnung sprechen?

Vielleicht haben viele es vergessen, aber als vor fast 10  Jahren in einem Bericht des Weltklimarates ein Fehler gefunden wurde, gab es eine gewaltige Aufregung.  Damals hat kein Politiker und erst recht nicht die Medien erklärt, „das sei doch kein großes Problem“. Im Gegenteil, die problematischen Passagen machten noch nicht einmal 1 Promill des Gesamttextes aus und bezogen sich auch nur auf ein einzelnes Beispiel.

Die Zeit schrieb damals (https://www.zeit.de/2010/05/U-IPCC): „Tatsächlich sind es nur sechs Zeilen eines regionalen Fallbeispiels, die sich bislang als fehlerhaft herausgestellt haben. Und doch haben sie eine grundsätzliche Debatte entzündet, bei der es nicht nur um die Arbeit des Weltklimarats IPCC geht, sondern auch um die Glaubwürdigkeit des friedensnobelpreisgekrönten Gremiums“

Es ist richtig. Solche Fehler sollten nicht passieren.  Aber wie sieht es in anderen Bereichen aus. Wer sich einmal die Prognosen unserer „Wirtschaftsweisen“ ansieht stellt fest, dass sie eigentlich nie richtig sind. Das berichtete sogar Die Welt im Jahr 2014 (https://www.welt.de/print/die_welt/politik/article134838053/Fuenf-Wirtschaftsweise-taeuschen-sich-zuverlaessig.html). Damals hat die Partei Die Linke (wie wir wissen, erfolglos) gefordert, das Gremium abzuschaffen. Dabei sind die Fehler sogar noch größer als die, die dem IPCC unterlaufen sind: Für 2001 sagten sie im November 2000 ein Wachstum von 2,8 Prozent voraus, tatsächlich waren es nur 0,6!
Trotzdem ging es in der Mehrheit der Medien und der Politk nie um „die Glaubwürdigkeit des Gremium“. Warum wohl?

Auch die Aussage Köhlers „Ich mache ja praktisch alles allein und habe nicht einmal mehr eine Sekretärin als Rentner.“ kann nicht wirklich überzeugen. Denn wenn man weder über die nötige Fachkenntnis noch über ausreichende Ressourcen (z.B. ein eigenes Institut mit Fachleuten) verfügt, sollte man sich bei derartig wichtigen und komplexen Themen vielleicht ein wenig zurückhalten. Oder würden Sie sich von einem pensionierten Hautarzt und seiner Putzhilfe am Gehirn operieren lassen? Den Hauptvorwurf muss man allerdings den Medien machen, die auf den Brief hereingefallen sind und natürlich den Politikern, die ihn für ihre Zwecke benutzt haben.

Zum Schluss noch eine Wette: Wenn beim nächsten Umwelt-Thema, das die Gemüter erregt, wieder ein Laie nach vorne prescht und wissenschaftlich abgesicherte Ergebnisse in Frage stellt, werden BILD und ARD und die dann amtierenden Politiker zurückhaltender sein. Wir wetten dagegen!

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