Haushaltsrede von Dr. Esther Kanschat 2012

Haushaltsrede 2012 Es gilt das gesprochene Wort
Herr Bürgermeister, liebe Ratskolleginnen und -kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Pressevertreter

Ich werde mich in der Kürze der Redezeit auf die folgenden Schwerpunkte konzentrieren: Einkaufszentrum, Schulkonzept und das Demokratieverständnis in Velbert.

Das Thema Einkaufszentrum ist das perfekte Beispiel um aufzuzeigen, wie konzeptlos, bürgerfern und dreist hier in Velbert Politik gemacht wird.

Wir warnen seit langem, dass das geplante Einkaufszentrum für Velberts Innenstadt überdimensioniert ist. Das stimmt aber gar nicht. Wenn der ganze mittlere Teil der Friedrichstraße zugemacht wird, dann passt es von der Größe sehr wohl. Aber dass es zu Schließungen in der Innenstadt kommen wird, haben Sie alle am Anfang bestritten. Sie behaupten immer noch, dass das Gutachten Innenstadtverträglichkeit bescheinigt. Wohl wissend, dass jeder darunter versteht, der

jetzige Bestand würde nicht gefährdet. Aber das heißt es ja gar nicht. Aber genau das ist der Punkt, der den Bürger interessiert.

Jetzt räumen Sie mittlerweile Schließungen ein, und weisen darauf hin, dass man sich für den Fall dann etwas überlegen muss. Nein, so etwas muss man vorher überlegen, ein Konzept entwickeln wie man dem Aussterben begegnen will und das dann den Bürgern vorstellen. Sie hingegen verschweigen die wichtigsten Details, wie die zu erwartenden Leerstände und die Verkehrsführung durch die Bahnhofstrasse bis zum Schluss, um möglichst wenige Bürgerbeschwerden zu erhalten. Sie geben ein über viele Jahre verfolgtes, von allen Fraktionen als sehr wichtig eingestuftes Ziel, nämlich die Zentralisierung der VHS, einfach auf. Das nur, um einen Mieter für das Forum zu haben, damit der Museumsumzug irgendwie fast kostenneutral dargestellt werden kann und Ladenlokalbesitzer in der Corbygasse mit Klagemöglichkeit gegen das Zentrum, schustern Sie einen soliden Mieter mit der VHS zu, damit diese ruhig gestellt werden. Das ist nicht nur konzeptlos, sondern zerschlägt eines der wenigen Konzepte die wir in Velbert hatten, einen gemeinsamen Standort für die VHS zu schaffen. Die Gelder aus dem Verkauf der Grundstücke am Forumsplatz, die wir in der momentanen Haushaltssituation für die Konsolidierung benötigen, investieren sie als „versteckte Subventionen“ in ein Parkhaus, dessen Renovierung recht weit hinten auf der „Things to do“-Liste gestanden hat, nur damit der Betreiber des Einkaufszentrums mehr Einzelhandelsfläche bauen kann und seine Rendite höher ausfällt. Uns wäre die Sanierung des städtischen Haushaltes wichtiger gewesen.

Die erste sehr negative Auswirkung, die den Velbertern sicher nicht bewusst ist, ist die nicht Wiederbelebung des Hertie-Gebäudes. Die neuen Käufer hätten nicht solche Schwierigkeiten bzw. hätten sicher Mieter für Ihr Projekt gefunden, wenn da nicht ein dermaßen großes, neues Einkaufszentrum entstehen würde. Nun müssen wir uns auf Dauer mit einem weiteren Schandfleck abfinden. So wird die Stadt weder schöner noch attraktiver.
Transparenz für den Bürger, lange verfolgte Ziele, Stadtentwicklung im Ganzen und Haushaltssanierung rücken in den Hintergrund, wenn sie nur ihr Einkaufszentrum-Räppelchen bekommen.
Zum Schulkonzept: Die Anmeldungen an der Hauptschule, reichen wieder mal nur gerade für einen Zug. Es müssen wieder knapp 80 Schüler an der Gesamtschule abgelehnt werden. Mehr als sich an der Heinrich-Kölver-Schule angemeldet haben.

Und nur, weil sie keine Courage haben, sich nicht trauen eine Elternbefragung durchzuführen, weil sie dann dazu gezwungen werden könnten den Elternwillen zu erfüllen! Nur deshalb können wieder viele Velberter Kinder nicht an die Schule, zu der sie gerne gehen würden. Und noch viel schlimmer, viele müssen zu der Schulform wechseln, von der fast alle Bürger mittlerweile überzeugt sind, dass man mit einem dort erworbenen Abschluss keine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt mehr hat.

Der Elternwille / Bürgerwille sollte für uns als Vertreter der Bürger das Wichtigste sein, den es umzusetzen gilt.

Dieser Politikstil geht an der Form von Demokratie vorbei, wie wir sie uns vorstellen. Damit wären wir bei unserem nächsten Thema.

Demokratievorstellung und Velberts Politik scheinen viel zu häufig diametrale Positionen einzunehmen.

Außer Velbert Anders und uns hätten alle anderen Fraktionen gerne auf die Haushaltsreden verzichtet. Ein demokratischer Vorgang der einen Austausch an Meinungen darstellt und die Begründung für politische Entscheidungen

liefert. Sie wollen sich offensichtlich nicht mehr in der Öffentlichkeit mit der Meinung der anderen Fraktionen auseinandersetzten, aber genau das macht die Demokratie aus!

Der BM ist in seiner Haushaltsrede so vermessen und unverhohlen wie noch nie. Er droht uns, dem höchsten Gremium einer Kommune, Konsequenzen an, nämlich weitere BZAs einzurichten, wenn wir seinem Konzept nicht folgen. Er gibt vor, welche Parteien seiner Meinung nach doch dem Haushalt zustimmen mögen und degradiert die kleineren Parteien als unwichtig (in einer Demokratie sind alle gleich). Aber er kann sich das hier in Velbert auch erlauben, da die politischen „Schwergewichte“ SPD und CDU so davon besessen sind mitzugestalten, dass sie gar nicht merken, dass sie nur noch als Marionetten fungieren.

Wenn ich sehe, was die beiden großen Parteien in den letzten Wochen mit sich und dem Haushalt gerungen haben, dabei die meisten Fachausschüsse zur Farce gemacht haben, indem die Haushaltsentscheidung, welche den Grundstein für die nächsten zwei Jahre legt, einfach übergangen wurden und als Krönung auch noch eine Sondersitzung einberufen lassen und damit unsere Zeit und unser aller Geld verschleudern, nur weil man sich innerhalb von vier Monaten nicht hat einigen können. Unter solchen Umständen scheint es auch eine gute Idee zu sein, Doppelhaushalte vorzulegen. Denn die meisten Haushaltsberatungen in den Fachausschüssen scheinen ja sowieso überflüssig.

Trotz der Kürze darf der Dank an die Mitarbeiter der Kämmerei für die geleistete Arbeit nicht fehlen; Obwohl, zum einen waren wir gegen einen Doppelhaushalt, da diese originäre Aufgabe des Rates sich immer an der aktuellen Situation der Stadt orientieren sollte – und diese hat sich ja in den letzten Jahren öfters innerhalb von mehreren Monaten geändert. Aber das ist Ihnen allen ja zu viel Arbeit.

Zum anderen sind die Erklärungen zu den Haushalten immer weniger geworden, obwohl wir gerade durch die Umstrukturierung der Verwaltung eher mehr Zusatzinformationen benötigt hätten. Das hat zur Folge, dass der Haushalt eigentlich nicht mehr nachvollziehbar ist, aber das stört hier ja kaum jemanden und ist wahrscheinlich von der Verwaltungsspitze auch so gewollt. Das alles ist beklagenswert, kann aber nicht den Mitarbeitern der Kämmerei angelastet werden. Deshalb, vielen Dank für Ihre geleistete Arbeit!
Wir lehnen den Haushalt ab!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Thomas Auer, 30.03.12

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