Meilensteine in der Landwirtschaft – was haben wir zuletzt erreicht?

Dr. Ophela Nick: Wir haben viel geschafft – und es geht weiter! Foto: Silke Magino

Damit Landwirtschaft funktioniert, müssen Landwirt*innen wieder im Stall und auf dem Feld statt am Schreibtisch ackern können. Dafür haben wir im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) konsequent Bürokratie abgebaut: Wir heben etwa starre Datumsvorgaben bei der Mindestbodenbedeckung auf, vereinfachen die Melde- und Dokumentationspflichten im Pflanzenbau und streichen die Kontrollen und Sanktionen für GAP-Zahlungen bei kleinen Betrieben. So schaffen wir Luft zum Atmen und Zeit für die eigentliche Arbeit. Den Fortschritt der bürokratischen Entlastungen könnt ihr hier nachverfolgen.

Doch für mehr Freude am Beruf und den Erhalt der Höfe reicht weniger Papierarbeit allein nicht aus. Bäuerinnen und Bauern brauchen stabile Erträge, eine stärkere Verhandlungsposition am Markt, angemessene Erzeugerpreise und die Möglichkeit, im Kreislauf mit der Natur zu wirtschaften.

In kaum einem anderen Bereich lassen wir zu, dass Erzeugerinnen und Erzeuger erst nach dem Verkauf erfahren, welchen Preis sie für ihr Produkt erhalten. Damit muss auch am Milchmarkt Schluss sein! Deswegen freue ich mich besonders, dass wir im BMEL die nationale Anwendung des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktordnung nun mit der Länder- und Verbändeanhörung einen Schritt weiter vorangebracht haben. Der Entwurf sieht vor, Molkereien zu schriftlichen Verträgen mit den Milchbauern und -bäuerinnen zu verpflichten, die unter anderem konkrete Angaben zu Preisen und Mengen enthalten. Das schafft Planungssicherheit und Transparenz.

Dass Landwirtschaft am besten im Einklang mit Klimaschutz und Tierwohl funktioniert, zeigen viele Betriebe, die das heute schon praktizieren. Eine Voraussetzung ist aber, dass Bäuerinnen und Bauern für Umweltleistungen und mehr Tierwohl angemessen honoriert werden. Deshalb haben wir für 2026 eine Aufstockung des Budgets für zwei neue Öko-Regelungen gesetzlich verankert – eine für Weidehaltung auf Grünland für milchviehhaltende Betriebe und eine für Biodiversität. Die Einkommensgrundstützung wird dadurch nicht abgesenkt. So wollen wir mehr Tiere auf die Weide bringen und Milchbetriebe für tiergerechte Haltung finanziell belohnen.

Die Weidehaltung und Grünlandbewirtschaftung sind Teile einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft, die unsere Lebensgrundlagen erhält. Grünland wurde politisch zu wenig beachtet. Wir Grüne setzen dem etwas entgegen. Deshalb habe ich gemeinsam mit zwei Fraktionskolleg*innen den Fachaustausch „Raus ins „Grün(land)“ ausgerichtet. Mit Expert*innen aus Wissenschaft, Politik und landwirtschaftlicher Praxis haben wir diskutiert, was es braucht, damit mehr Tiere auf die Weide kommen, und mehr Grünland einkommenswirksam bewirtschaftet werden kann. Die Beteiligten begrüßten die neue Weideprämie (s.o.). Eine gemeinsame europäische Agrarpolitik, die mehr Geld an öffentliche Natur-, Klima- und Artenschutzleistungen knüpft, sowie ein besserer Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis wurden ebenso diskutiert. Ein persönlicher Erfolg, der einen Teil zu diesem Wissenstransfer beitragen soll, ist daher die neue Ausschreibung des BMEL für Modell- und Demonstrationsvorhaben für „Standort- und klimaangepasste, zukunftsfähige Grünlandwirtschaft“ (mehr Infos siehe unten). Ich arbeite auch weiter daran, allgemeinen Forderung in konkreten Maßnahmen umzusetzen.

Gleiches gilt für das Ziel „gutes Essen für alle“ unserer Ernährungsstrategie. Denn wir alle wollen nicht nur, dass unsere Lebensmittel Klima und Tiere schützen. Lecker, gesund und erschwinglich sollen sie sein, und am besten noch aus der Region kommen. Letzteres sagen zumindest 77 Prozent der Verbraucher*innen im Ernährungsreport von 2024. An der Supermarktkasse oder auf dem Kantinen-Teller sieht die Realität oft anders aus. Mit dem Modellregionenwettbewerb „Ernährungswende in der Region“ fördert das BMEL daher innovative Projekte für eine gesündere und nachhaltigere Ernährung vor Ort, insbesondere in der Gemeinschaftsverpflegung. Denn täglich essen 16 Millionen Menschen in Kantinen von Kita, Schule und Betrieb. Mit Köln und Dortmund werden gleich zwei Projekte aus NRW zur Modellregion. Ihr Ziel ist unter anderem, mehr saisonale und Bio-Lebensmittel in den Kantinen vor Ort anzubieten. Dafür setzen sie auf den Aufbau und die Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten.

Kürzere, regionale Lieferketten sind nicht nur gut für das Klima. Sie sichern Arbeitsplätze vor Ort und schaffen Wohlstand für die Region, wenn die Nachfrage nach Lebensmitteln an die Landwirtin nebenan geht, statt ins Ausland. Sie können so zu besseren Preisen für Landwirt*innen und Verbraucher*innen beitragen und unsere Lebensmittelversorgung unabhängiger und damit krisenfester machen. In Zeiten von Klima- und politischen Krisen stellen wir unsere Ernährungssicherung mit regionalen Lieferketten also zukunftsfest auf. Damit möglichst viele Kantinen Lebensmittel aus der Region küchenfertig beziehen können, nehmen wir die gesamte Wertschöpfungskette vom Acker bis zum Teller in den Blick und stärken auch das Lebensmittelhandwerk. Mit der neuen Fördermaßnahme „RegioKost“ fördert das BMEL neue Ansätze zum Aufbau von Verarbeitungsstrukturen regionaler Lebensmittel in ländlichen Regionen (mehr Infos siehe unten).

Damit die Zukunft unserer Höfe gesichert ist, muss es letztlich auch mit der Hofnachfolge funktionieren. Um jungen Menschen den Einstieg in einen landwirtschaftlichen Betrieb zu erleichtern, habe ich den „Farm Inkubator“ auf den Weg gebracht. Ziel des geplanten Pilotprojektes ist die Unterstützung bei Existenz(neu)gründungen in der Landwirtschaft. Junge Menschen, insbesondere Frauen, aber auch Quereinsteiger*innen sollen die Möglichkeit bekommen, sich praxisnah auf einem Hof fortzubilden und ihre Geschäftsidee auf einem erfolgreichen Betrieb zu erproben.

Das alles sind strukturelle Ansätze, um die Landwirtschaft in Deutschland Stück für Stück auf die Zukunft vorzubereiten. Auf das Erreichte können wir stolz sein!

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