Neue Grundsteuer: Hintergründe und Auswirkung

Hammer
Neue Grundsteuer auch in Velbert.

In den letzten Tagen haben viele Velberterinnen und Velberter ihren Grundsteuerbescheid 2025 erhalten. Für manche eine gute – für manche leider aber auch eine unerfreuliche Überraschung. Die neue Grundsteuer ist auch oft Thema im Wahlkampf und in Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern. Verständlicherweise gibt es besonders oft Rückmeldungen von den Menschen, die künftig mehr Grundsteuern zahlen müssen, als bislang. Wer weniger zahlen muss, freut sich eher im Stillen.

Wir können voll und ganz den Unmut jener verstehen, die künftig höhere Steuern auf ihr Haus und Grund zahlen müssen. Viele haben auch mit Einsprüchen gegen die Grundstücksbewertung bzw. gegen den Grundsteuermessbescheid die richtige Maßnahme getroffen. Das Problem ist jedoch die Grundbesitzbewertung im sogenannten Bundesmodell, dem sich Nordrhein-Westfalen angeschlossen hat. Gegenüber der alten Bewertung hat dieses Bundesmodell zu einer Verschiebung von Gewerbeimmobilen zu Wohnimmobilien geführt.

Allerdings darf man keinen Vergleich „alt mit neu“ vornehmen. Die „alte“ Grundsteuer war nicht ohne Grund verfassungswidrig; sie wurde auf Wertgrundlagen von 1964 (!) ermittelt. Es war leider abzusehen, dass es durch die Neubewertung auch zu Verschiebungen kommen würde. Ob diese Verschiebung rechtmäßig ist, wird wohl erst in einigen Jahren das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Was bedeutet das konkret für Velbertinnen und Velberter? Die Stadt Velbert ist zunächst gezwungen, die Grundstücksbewertung und die Grundsteuermessbeträge zu übernehmen (diese werden vom Finanzamt festgesetzt). Nun hätte die Stadt Velbert die Möglichkeit gehabt, diese Verschiebung auszugleichen, indem die Hebesätze zwischen Wohn- und Gewerbeimmobilien differenziert werden (sogenannter „differenzierter Hebesatz“). Einzelne (eher wenige) Kommunen haben dies so gemacht (z.B. Essen, Bonn, Münster). Es stellt sich allerdings die Frage, ob es Aufgabe der Kommune sein kann, eine bundesgesetzliche Bewertung – die eventuell sogar gerechtfertigt sein könnte – zu korrigieren. In diesem Fall geht nämlich die Kommune in ein unabsehbares finanzielles Risiko. Die in Nordrhein-Westfalen optional vorgesehene Hebesatzdifferenzierung wird nämlich heftig kritisiert (siehe Gutachten im Auftrag des Städtetags NRW).

Es steht die große Gefahr im Raum, dass diese differenzierten Hebesätze von den Gerichten rückwirkend (!) für nichtig erklärt werden könnte. Velbert hätte nämlich nach den Empfehlungen des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalens bei einer Differenzierung nahezu doppelt so hohe Hebesätze für Gewerbeimmobilien vorsehen müssen (1.338% zu 789%). Die Stadt Velbert hat sich daher entschieden, keine Hebesatzdifferenzierung anzuwenden.

Im Übrigen hat die Stadt Velbert mit dem Hebesatz von 931% exakt die Vorgaben zur Aufkommensneutralität des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen zum einheitlichen Hebesatz umgesetzt. Diese sogenannte Aufkommensneutralität ist vom Ministerium insgesamt auf Gemeindeebene auf das Aufkommen mit Grundsteuer zum 01.01.2024 berechnet. Wenn beispielsweise Düsseldorf und Köln niedrigere Hebesätze vorsehen, liegt das an den deutlich höheren Grundstücksbewertung in diesen Städten gegenüber Velbert.

Leider kann man die Aufkommensneutralität nicht pro Grundstück einfordern. Wenn für jedes Grundstück exakt dieselbe Höhe der Grundsteuer wie im „alten“ Recht herausgekommen wäre, hätte man den verfassungswidrigen Zustand vor der Reform letztlich nur mit anderen Bewertungen und Steuersätzen im neuen Recht fortgeführt. Dies wäre sicher auch wieder vom Bundesverfassungsgericht „kassiert“ worden.

Daher kann man nicht die Stadt Velbert für die höhere Grundsteuer verantwortlich machen. Für die Eigentümerinnen und Eigentümer die gegen die Grundstücksbewertung seinerzeit nicht vorgegangen sind, eine Empfehlung: Sie können auch noch im Nachhinein einen Antrag auf Neubewertung stellen (sog. Antrag auf fehlerbeseitigende Wertfortschreibung nach § 222 Abs. 3 Bewertungsgesetz) und die ungleiche Bewertung von Wohn- und Gewerbeimmobilien beanstanden. Dieser Antrag wird erwartungsgemäß vom Finanzamt abgelehnt werden. Dagegen könnten dann aber wiederum Einspruch einlegt werden.

Übrigens: Dass die Finanzverwaltung Einsprüche seit zwei Jahren und mehr nicht bearbeitet, liegt schlicht an der Masse der Einsprüche (in Deutschland redet man von circa 7 Mio. Einsprüchen gegen die Grundstücksbewertung, allein mehr als 1 Mio. in Nordrhein-Westfalen) und an mittlerweile mehreren Musterverfahren vor den Gerichten, die von den Finanzämtern zunächst abgewartet werden.

Wir hoffen, dass wir mit diesen Informationen für ein wenig Verständnis für die Vorgehensweise der Stadt Velbert sorgen konnten.